Das falsche Spiel mit dem Zinssatz

22.03.2019

Für Sparer kommt es bei der Auswahl einer Bank vor allem auf den Zinssatz an. In der anhaltenden Niedrigzinsphase ist sparen aber allgemein eher schwer. Dies war allerdings nicht immer so. Noch vor gut 15-20 Jahren waren die Zinsen erheblich höher und Verbraucher erhielten mehr auf ihr Gespartes. Jedenfalls dann, wenn die Bank sie nicht übervorteilen wollte.

Das falsche Spiel mit dem Zinssatz

Wenn sich die Bank verrechnet

Sollte sich die Bank oder Sparkasse verrechnet haben, dann ist dies nicht nur ärgerlich, sondern man kann dadurch auch einiges an Geld nicht bekommen haben. Derzeit sammelt die Verbraucherzentrale Sachsen Fälle von Verbrauchern, die über viele Jahre nicht den Zins erhalten haben, der ihnen eigentlich zugestanden hätte. Dabei ist das Problem nicht, dass sich die Banken direkt verrechnet haben. Allerdings haben sie die Zinsen der betroffenen Verbraucher zuerst nach „Gutsherrenart“ festgelegt und danach falsch neu berechnet. Für den einzelnen Verbraucher kommt da eine ganze Menge Geld zusammen, das ihm nicht ausgezahlt wurde. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Sachsen sind es mehr als 1.000 Euro pro Verbraucher. Für die betroffenen Banken und Sparkassen bedeutet dies, es könnten Beträge von mehreren Millionen Euro zusammenkommen. In den vergangenen Wochen hat die Verbraucherzentrale bereits über 500 Aufträge von Bankkunden erhalten, die ihre Zinsen nachrechnen lassen wollen. Bei einigen dieser Fälle haben die Kunden bereits das fehlende Geld erhalten.

Regelung der Gutsherrenart

Der Hintergrund dieser Geschichte liegt gut 20 Jahre zurück. Damals waren die Zinsen viel höher und Banken boten gerne Sparverträge mit variablen Zinsen zwischen drei und fünf Prozent an. Für die Banken war es zudem gängige Praxis steigende Zinsen an Kunden mit variablen Verträgen erst mit Zeitverzögerung weiterzugeben. Fallende Zinsen wurden dagegen direkt umgesetzt. Bis vor 15 Jahren konnten Banken und Sparkassen dieses Spiel auch erfolgreich umsetzen. Im Februar 2004 urteilte der Bundesgerichtshof allerdings, dass Zinsen nach Gutsherrenart bei variablen Verträgen nicht zulässig sind. Daraufhin folgten weitere Urteile über die variablen Zinsen bei Verträgen. Nun wurde festgelegt, dass Zinsen, nach einem mit dem Kunden vereinbarten fairen Rechenmodell, jeweils den Marktzinsen angepasst werden müssen. Das bedeutet, dass wenn die Zinsen am Markt steigen oder fallen, die Banken diese auch genauso schnell bei ihren Kunden umsetzen müssen. Dafür müssen Banken einen zum Sparvertrag passenden Referenzzins angeben, welcher die Zinsen für die Kunden auch bei kleineren Änderungen monatlich anpasst und diese Anpassung auch relativ vornimmt.

Alte Verträge anpassen

Verbraucher, die noch einen alten variablen Sparvertrag besitzen, sollten zu ihrer Bank beziehungsweise Sparkasse gehen und nach dem angewandten Referenzzins und dessen Berechnung fragen. Sollte die Berechnung nicht verstanden worden sein oder es bestehen weiterhin Zweifel an der Berechnung, können Verbraucher diese nochmal nachrechnen lassen. Die Verbraucherzentrale Sachsen bietet ein solches Nachrechnen mit Rechtsgutachten für 85 Euro an. Im Streitfall müssen sich Verbraucher mit der Antwort ihrer Bank an die Schlichtungsstelle des Sparkassenverbandes oder an die Ombudsmänner ihrer Bank wenden. Der Schlichtungsstelle genügt es, wenn Verbraucher die Berechnung ihrer Bank vorlegen, diese strittig stellen und um eine Überprüfung nach der geltenden BGH-Rechtsprechung bitten. Das Schlichtungsverfahren ist für Antragssteller kostenlos. Eine solche Berechnung zu beantragen, ist sogar empfehlenswert, da es immer noch einige Banken gibt, die versuchen ihre Kunden zu übervorteilen und nicht den entsprechenden Zins auszahlen. In diesen Fällen haben Kunden neben den vorenthaltenen Zinsen möglicherweise auch noch andere Ansprüche. Auf die vorenthaltenen Zinsen sind dann nämlich auch noch Verzugszinsen fällig, die die Nachzahlung noch einmal stark erhöhen können. Dabei ist auch zu beachten, dass die Forderungen nicht durch die Kündigung des Vertrages verfallen. Sollte der Vertrag erst 2016 oder später gekündigt worden sein, kann trotz Vertragsende von der Bank ein Nachschlag verlangt werden.

Bildquellen:

Michaela Zimmermann / MZ-Datenservice